Kindermedien, also Bücher und Filme, spielen eine entscheidende Rolle in der Entwicklung von Kindern. Sie vermitteln Werte, formen das Weltbild und helfen Kindern zu verstehen, wo ihr Platz in der Gesellschaft ist. Leider spiegeln diese Geschichten oft nicht die Vielfalt wider, die unsere Welt ausmacht. Inklusion in Kindermedien – das bewusste Einbeziehen von Charakteren mit unterschiedlichen ethnischen Hintergründen, Geschlechtern, Fähigkeiten und Lebensweisen – ist daher nicht nur wünschenswert, sondern notwendig. Angesichts der zunehmenden Diversität in der realen Welt sollten die Geschichten, die Kinder konsumieren, diese Vielfalt abbilden.
Warum Repräsentation in der Kindheit so entscheidend ist
Kinder lernen durch Geschichten, wie die Welt funktioniert, und orientieren sich an den Figuren, die sie sehen. Wenn sie in Büchern und Filmen Charaktere sehen, die ihre Realität widerspiegeln, fühlen sie sich bestätigt und akzeptiert. Fehlt diese Repräsentation, kann das Gefühl der Isolation entstehen und den Eindruck erwecken, dass ihre Identität weniger wert ist.
Ein Beispiel für authentische afrikanische Repräsentation findet sich in den Geschichten von Ngugi wa Thiong’o, einem kenianischen Autor und Akademiker. In seinen Büchern wie Weep Not, Child und The River Between thematisiert er die koloniale Geschichte und deren Auswirkungen auf die Identität. Diese Geschichten bieten Kindern nicht nur Einblicke in die afrikanische Kultur, sondern ermöglichen ihnen auch, sich mit ihren eigenen Wurzeln auseinanderzusetzen.
Repräsentation trägt auch dazu bei, Vorurteile abzubauen. Wenn Kinder schon früh Charaktere verschiedener Kulturen und Lebensweisen kennenlernen, wird es für sie normal, Unterschiede zu akzeptieren. Inklusion in Kindermedien fördert Empathie und Toleranz und unterstützt Kinder dabei, offener und respektvoller mit anderen umzugehen.
Studien zur Bedeutung von Repräsentation
Studien zeigen, wie wichtig Repräsentation in den frühen Entwicklungsjahren ist. Eine Untersuchung der University of Toronto belegt, dass Kinder bereits früh zwischen „Wir“ und „Die Anderen“ unterscheiden. Je häufiger sie Charaktere sehen, die unterschiedliche kulturelle Hintergründe repräsentieren, desto eher akzeptieren sie diese Unterschiede. Fehlt diese Vielfalt, können Kinder das Gefühl entwickeln, dass bestimmte Gruppen nicht dazugehören.
In Afrika spielt die Förderung einer positiven Identität ebenfalls eine bedeutende Rolle. Der nigerianische Schriftsteller Chimamanda Ngozi Adichie betont in ihrem berühmten TED-Talk „The Danger of a Single Story“, dass das Erzählen vielfältiger Geschichten unerlässlich ist, um ein vollständiges Bild von Kulturen zu vermitteln. Ihre Werke, wie Half of a Yellow Sun, zeigen die komplexen Geschichten afrikanischer Menschen und tragen zur Schaffung eines positiven Selbstbildes bei.
Inklusion fördert kognitive und soziale Entwicklung
Inklusion in Kindermedien beeinflusst nicht nur das Selbstwertgefühl, sondern auch die kognitive und soziale Entwicklung. Kinder, die durch Geschichten verschiedene Perspektiven kennenlernen, entwickeln stärkere Empathie und lernen, Unterschiede als Bereicherung zu sehen. Sie werden dadurch offener im Umgang mit einer vielfältigen Gesellschaft.
Wenn Kinder nur einseitige Darstellungen sehen, besteht die Gefahr, dass sie ein eingeschränktes Weltbild entwickeln. Sie lernen unbewusst, dass Abweichungen von der Norm nicht akzeptabel sind. Inklusion in Kindermedien hilft Kindern, eine offenere Sicht auf die Welt zu entwickeln und unterstützt sie darin, Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen respektvoll zu behandeln.
Positive Beispiele für inklusive Charaktere
Die Filmindustrie hat Fortschritte gemacht, um mehr Diversität in Kindermedien zu integrieren. Disney ist ein Vorreiter in diesem Bereich. Der Film Encanto ist ein hervorragendes Beispiel für die Darstellung kultureller Vielfalt. Die Charaktere stammen alle aus Kolumbien und zeigen die ethnische Vielfalt der lateinamerikanischen Kultur, von hellhäutigen bis afro-lateinamerikanischen Figuren.
Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel ist der Film Kirikou und die Zauberin von Michel Ocelot. Dieser Animationsfilm basiert auf einer westafrikanischen Folktale und zeigt die Abenteuer eines kleinen Jungen, der gegen das Unrecht kämpft. Die authentische Darstellung afrikanischer Werte und Traditionen macht den Film nicht nur unterhaltsam, sondern auch lehrreich für Kinder.
Fazit: Geschichten, die Vielfalt feiern
Inklusion in Kindermedien – in Büchern und Filmen – ist entscheidend, um Kindern die Vielfalt der Welt zu zeigen. Geschichten, die verschiedene Kulturen und Lebensweisen abbilden, fördern ein starkes Selbstwertgefühl sowie Empathie und Offenheit gegenüber anderen.
Studien wie die von Dr. Rudine Sims Bishop bezeichnen Bücher und Filme als „Fenster, Spiegel und Glastüren“. Sie bieten Kindern die Möglichkeit, sich selbst zu sehen (Spiegel), in andere Welten hineinzuschauen (Fenster) und neue Perspektiven zu entdecken (Glastüren). Geschichten, die Vielfalt feiern, tragen dazu bei, dass die nächste Generation eine Welt formt, in der alle Menschen – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Lebensweise – akzeptiert und geschätzt werden.
Über die Autorin
Amal Abbass Saal ist eine preisgekrönte Sozialunternehmerin, Bildungsreferentin und Workshop-Leiterin mit langjähriger Erfahrung in den Bereichen Antidiskriminierung und Diversitätspolitik in Europa, den USA und Afrika. Als qualifizierte Sandspieltherapeutin und Expertin für transkulturelle Methodologien hat sie sich einen Namen in der diversitätsorientierten Organisationsentwicklung, Strategie- und Teamentwicklung gemacht. Sie ist Gruenderin von Kindezi.de und Co-Gründerin des Tubman e.V. Networks, das die afrikanische und afrodiasporische Gemeinschaft stärkt und durch Interessenvertretung und afrozentrische Bildung unterstützt.
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